Geboren um zu… - und das Problem damit
Philipp hat ein Hobby. Er spielt seit neun Jahren Klavier, und das so leidenschaftlich wie kein anderer. Er nutzt jede freie Minute seiner Zeit um das Spielen zu üben, um neue Handgriffe zu probieren und ein wenig komponieren tut er auch schon. Wenn man Philipp fragt sagt er immer mit einem Strahlen im Gesicht „Nun, ich bin eben geboren um Klavier zu spielen!“. Doch ist das auch gut für ihn?
Es ist etwas tolles, wenn man ein Hobby hat, was man liebend gerne macht und (bestmöglich) auch noch beherrscht. Doch wenn man anfängt, davon überzeugt zu sein, für etwas „geboren zu sein“, kann das Ganze auch eher nachteilshafte Züge annehmen. Das Problem liegt hier zum einen in der Zeit, die einem zur Verfügung steht und zum anderen in der Art, wie man beginnt zu handeln aufgrund einer solchen Einstellung.
Das Problem mit der Zeit ist schnell erklärt, es ist simpel: Wir haben alle gleich viel Zeit und wir benötigen Zeit, um Dinge zu tun. Wenn wir nun etwas haben, zu dem wir uns berufen fühlen, beginnen wir gerne mehr Zeit darin zu investieren als wir eigentlich haben. Es ist offensichtlich, dass sowas nur begrenzt gut gehen kann. Der Mensch beginnt in solchen Fällen gerne andere Dinge, ja sogar soziale Kontakte in den Hintergrund zu rücken, da ihm seine „eine Sache“ wichtiger ist. Das nächste Problem ergibt sich dann auch darin, dass man keine Zeit mehr hat, auch mal etwas anderes zu probieren. Philipp zum Beispiel könnte, wenn er es probieren würde, in Karate viel mehr Erfolg haben und Freude finden als im Klavierspielen. Da er aber immer nur Klavier spielt und dadurch keine Zeit hat, mal im Karate zu „schnuppern“, wird es ihm wohl niemals auffallen.
Wir kommen damit auch schon zum zweiten Teil des „großen Problems“. Aufgrund dessen, dass man davon überzeugt ist, in seiner einen Sache so gut zu sein wie nirgends wo anders, fehlt einem gerne auch die Ambition etwas neues, vielleicht ganz anderes, zu probieren – warum auch? Was aber, wenn in einem noch ganz andere Kompetenzen, Fähigkeiten und Dinge schlummern, an denen man Spaß hat? Richtig schlimm wird es eigentlich aber erst dann, wenn man beginnt sich mit anderen in „seiner Sache“ zu messen und feststellt, dass man doch nicht der Beste ist. Dies ist der Moment, in dem dann bei vielen Menschen der Wettbewerb und der Kampf um die Polposition erst richtig beginnt. Es werden Dinge, die einmal wichtig waren einfach nach hinten geschoben, man konzentriert alles, was man an Zeit und Energie hat in seine Sache hinein. Wenn man es schafft an seine persönliche Spitze zu kommen, ist alles gut – wenn man aber scheitert kann der Schmerz umso größer sein.
Als ich mir darüber Gedanken machte, kam ich zu einem Entschluss. Oder einer Lösung. Mal schauen:
Ich halte es pauschal für nichts schlimmes, wenn man sein „eines großes Hobby“ hat. Es ist schön, wenn man sich zu etwas berufen fühlt. Man sollte allerdings auch jemanden an seiner Seite haben, der danach schaut, dass man auch mal etwas (u.U. komplett) anderes probiert. Das ist in verschiedenen Methoden umzusetzen. Entweder man hat einen guten Freund, welcher mit einem das eine, große Hobby teilt, oder man hat einen guten Freund, welcher einen auf komplett neue Ideen und Pfade begleitet. Vermutlich wäre es besser, wenn letzteres der Partner ist. Wenn man ein Hobby oder eine Sache generell für sich entdeckt, wird man immer gleichgesinnte finden, welche – soweit es der Partner nicht tun möchte – mit einem das Hobby praktizieren. Einen Partner zu finden, der einen allerdings immer wieder auf neue Ideen bringt halte ich hier eher für das Problematische. Natürlich ist hier auch nicht die Rede von einem, der jede Wochen mit was Neuem um die Ecke kommt. Es ist vielmehr ein Partner gemeint, welcher bemerkt, wenn ein Hobby „Übermaß“ annimmt oder eben in einem gesunden Maße auch neue Dinge vorschlägt. Nur so lässt sich, so denke ich, ein gesundes Maß finden zwischen „Ich bin geboren um zu“ und „Leben“.
Ob es nun aber der Freund oder ein Freund ist, ist jedem selbst überlassen. Meine Position sollte nun bekannt sein. Danke.
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