Warum wir Menschen es teilweise schwierig haben mit der Liebe.
Echt schwierig.
Und warum wir dafür meistens nichts können.
[Aufgrund unser Sozialgesellschaft gekürzte Version]
Ich bin manchmal traurig. Ziemlich arg traurig sogar.
Warum bin ich traurig? - Liegt es vielleicht daran, dass ich eine Gelenkerkrankung habe, wegen welcher ich niemals richtig Sport mit den Füßen machen kann oder weil meine Familie nicht einwandfrei funktioniert oder gar weil ich eigentlich bessere Noten von mir erwarten würde?
(Im Großen und Ganzen:) Nein.
Es geht hier um etwas anderes, es geht um „zwischenmenschliche Nähe“. Der Mensch wächst (im Optimalfall) mit ziemlich viel Nähe auf – in der Regel zur Mutter. Sie ist es, die einen die ersten Monate an der Brust trägt und tränkt und es sind die Eltern an sich, welche dafür sorgen, dass das Kind nie in diesem Sinne „alleine“ ist. Aber das lässt nach. Je älter man wird, desto weniger möchte man von der Mutter einen Schmatzer bekommen oder umarmt werden. Es ist ein natürlicher Vorgang, es ist der Vorgang der Entfremdung von den Eltern. Evolutionstechnisch gesehen ist dieser Vorgang mehr als relevant für das Fortbestehen einer Rasse. Nur durch die Entfremdung verlässt das Kind eines Tages das Elternhaus um in die weite Welt zu ziehen. Die verlassenen Eltern hinterlassen jedoch eine Lücke, die man füllen möchte – und zwar (meist) mit einer anderen Person, mit einem Partner. In der Natur ist das einfach. Der Hase geht zum paarungsfähigen Weibchen, schaut ob es seine Blume hebt (wenn nicht, möchte das Weibchen nicht) und begattet es. Fertig. Triebe befriedigt, Gefühl vom alleine sein wieder vergessen, alles gut also.
Bei dem Menschen ist das nicht mehr ganz so einfach. Hier kann man nicht einfach die nächstbeste Person sich nehmen, mit ihr zusammenziehen und sie begatten. Heutzutage ist Liebe, und das ist es, was mich mich alleine fühlen lässt, ein höchst komplexes Thema für den Menschen. Man ist sich in der Partnerwahl unsicher, man möchte unbedingt den haben, der optimal zu einem passt, er muss so und so groß sein, soll diese und jene Charakterzüge haben. Und er muss auf alle Ewigkeit treu sein. Und immer ehrlich. Und zuverlässig. Und romantisch. Oder auch nicht.
Aber warum? Suchen wir hier einen Freund oder einen Partner?
In meinen Augen muss hier tatsächlich strengt getrennt werden. Mit einem Freund muss ich Hobbys teilen, mit meinem Partner nicht zwingend. Ich habe zwar keine wirklich repräsentative Statistik, aber zumindest in meiner Familie ist es wiefolgt: Jene Ehepartner/Partner haben in der Regel höchstens ein gemeinsames Hobby, haben größtenteils unterschiedliche Interessen, usw. etc. pp. - und wie halten ihre Beziehungen? - Sie halten wunderbar. Sie haben kaum Streit, die Hälfte von ihnen ist schon über 40 Jahre miteinander zusammen! Und da soll mir einer kommen und sagen, dass der Erfolg einer Beziehung von den gemeinsamen Hobbys abhängt.
Worauf es eigentlich ankommt: Man muss sich in den großen meinungstechnischen Punkten einig sein, man muss flexibel sein, man muss bereit sein, dem anderen auch mal entgegen zu kommen. Man muss einander lieben können, auch wenn er die AFD und man selbst die Linke wählt (etwas überspitzt, ich weiß)!
Nun gut, ich bin also in der Phase der Entfremdung und habe das Gefühl jemanden an meiner Seite zu benötigen. Ich sehe das Thema „Liebe“ einfacher als der Großteil meines sozialen Umfelds. Ich sage, dass Liebe wachsen kann. Ich denke, dass es ausreicht, sich mit jemanden etwas vorstellen zu können, um es letztendlich auch zu miteinander zu probieren. Ich bin sogar der Überzeugung, dass es nicht so schlimm ist, einen Menschen zu verlassen, wie oft gesagt wird. Es ist vollkommen normal, wenn ein Mensch irgendwann einmal beginnt, einen anderen Menschen statt seinen Partner zu lieben.
Aber leider ist die Gesellschaft, in der ich mich befinde, anderer Meinung. Der Großteil der Menschen, die mir hier zustimmen würden sind jene, die auch „Freundschaft+“ vertreten können und sich auch Beziehungen sowieso nicht sehr viel machen.
Und da haben wir das Problem:
Ich möchte nichts wie „Freundschaft+“ haben, ich möchte eine Beziehung. Ich suche nicht nach dem Menschen, der in allen Punkten zu mir passt. Ich bin anpassungsfähig. Das alles heißt aber nicht, dass mich deswegen auch jemand haben möchte. Und das ist mein Problem.
Man endet in einem Zustand der leichten Verzweiflung.
Man beginnt, sich an unterschiedliche Mädchen dran zu machen.
Man probiert sich auch.
Man schaut, was funktioniert und was nicht so gut ankommt.
Man merkt, dass man sich mit der besagten Person doch nichts vorstellen könnte. In keiner Weise.
Dann gibt man zwischenzeitlich auf.
Man beschließt, dass man alles lockerer sehen möchte.
Man hält wieder ohne Hintergedanken mit Menschen des anderen Geschlechts Kontakt.
Man verliebt sich. Erneut. Obwohl man es eigentlich gar nicht wollte.
Man gibt sich Mühe.
Man wird verunsichert, weiß zwischenzeitlich gar nichts mehr.
Man wird enttäuscht.
Meiner Erfahrung nach übrigens immer.
Man möchte es widerlegen.
Man scheitert.
Manchmal bekommt man durch so was eine weitere, gute Freundschaft.
Man ist dann aber weder glücklich, noch nicht mehr alleine.
Man verzweifelt erneut.
Man hat Angst, wieder zum ersten Schritt zu verfallen und auf alles zu fliegen.
Man macht einfach weiter, es ist zu traurig um wahr zu sein, denkt man sich.
Man wird widerlegt, es ist wahr.
Willkommen in meinem Leben.
Du möchtest mit mir tauschen? - Mache hier ein Kreuz.
Du bist der gleichen Meinung wie ich? - Mache hier ein Kreuz.
Du denkst mir helfen zu können? - Vergiss das Kreuz, ruf mir lieber an!
(Oder mache trotzdem ein Kreuz, auch okay.)
...Und irgendwann ist man dann soweit, einen dreiseitigen Essay darüber zu schreiben und für den Leser interaktive Elemente einzubauen. Und dass, obwohl es vermutlich sowieso niemals jemand lesen wird.
Dann schaust du auf die Uhr, es ist eine Stunde später. Du bist alleine zuhause, dein Knie schmerzt. Es ist dir egal, du hast gelernt trotz Schmerzen zu gehen. Mit leicht verzogenem Gesicht gehst du ins Badezimmer, rasierst dich. Stockst mittendrin und überlegst, für wen du dich überhaupt rasierst. Du machst weiter, denn aufgeben ist für dich keine Alternative. Danach deckst du den Tisch – für eine Person. Du würdest gerne einen weiteren Teller hinstellen, aber wer sollte noch kommen?
Du drehst die Musik auf trommelfellschädigend hoch und versinkst mit deinem Marmeladenbrot in deiner kleiner, einsamen Welt mit dem sicheren Wissen, dass nur eine Person dich jetzt retten könnte. Aber sie weiß es nicht oder will es nicht wissen.
Du beißt in dein Marmeladenbrot und drehst die Musik noch weiter auf.
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